A4 Gesundheitssport – Ziele, Programme, Institutionalisierungen
- Artikel-Nr.: HV10563
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Walter Brehm & Klaus Bös
Versuche, den Gesundheitsstatus durch Bewegung und spezieller durch sportliche Aktivitäten zu erhalten und zu verbessern, ziehen sich durch die Geschichte der Entwicklung von Gymnastik, Turnen und Sport ebenso wie durch Kulturtechniken (z. B. Tai Chi, Qi Gong, afrikanischer Tanz) sowie durch weitere – häufig medizinisch geprägte – Konzepte zum Erhalt der Gesundheit (Prävention) und deren Wiederherstellung (Rehabilitation).
Bis in die neuere Zeit wurde dabei häufig unterstellt, dass jeder Sport und jede Bewegung „irgendwie“ gesund seien – u. a. da sie zur alltäglichen Energiebalance beitrügen (vgl. z. B. die Kampagnen Sport für alle des DSB in den 1980er-Jahren, viele Veröffentlichungen im medizinischen Bereich). Allerdings zeigten Metaanalysen einen Nichtzusammenhang zwischen Sport und Gesundheit, wenn undifferenziert nach solchen Zusammenhängen gesucht wurde. Zusammenhänge konnten jedoch dann festgestellt werden, wenn Facetten sportlicher Aktivitäten im Hinblick auf spezielle Aspekte der physischen und psychischen „Gesundheit“ untersucht wurden (z. B. Knoll, 1997; Schlicht, 1994) – etwa Zusammenhänge zwischen ausdauerrelevanten Belastungen bei der sportlichen Aktivität und gesundheitlichen Effekten wie Reduktion von Cholesterin oder Vermeidung einer Herz-Kreislauf-Erkrankung (z. B. Bouchard, 2007; Hollmann, Rost, Dufaux & Liesen, 1983).
An solchen spezifischen Zusammenhängen knüpfen seit den 1990er-Jahren Empfehlungen für Bewegung und Gesundheitsförderung an (z. B. ACSM, 2018; Blair, 1992; Rütten & Pfeifer, 2016; World Health Organization, 2020; vgl. auch B5 in diesem Band). Die aktuellen Empfehlungen werden zumeist nach Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Älteren unterschieden. Im Wesentlichen sind die vorliegenden Empfehlungen sehr ähnlich. Für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil für Erwachsene wird empfohlen: 150 bis 300 Minuten pro Woche körperliche Aktivität mit moderater Belastung, regelmäßige Muskel-Kräftigung und Reduzierung bewegungsarmer Verhaltensweisen (z. B. Sitzen). Die grundlegende Idee dieser Empfehlungen ist dabei, dass die körperlich-sportlichen Aktivitäten von solchen Qualitäten ausgehen (meist Art, Dauer und Intensität), die spezifische Gesundheitswirkungen erwarten lassen, bzw. auf spezifische Gesundheitsziele gerichtet sind. In den derzeit vorliegenden Empfehlungen richten sich die Ziele überwiegend auf Erhalt und Verbesserungen der Gesundheit im physischen Bereich. Im Vordergrund stehen dabei die Verbesserung der Fitnessfaktoren Ausdauer und Kraft sowie die damit zusammenhängende Reduzierung von Risikofaktoren (z. B. Bluthochdruck, erhöhte Blutzuckerwerte).
Dem im Folgenden beschriebenen Gesundheitssport liegen solche Zusammenhänge ebenfalls zugrunde, jedoch beschränken sich die Ziele nicht auf den physischen Bereich, sondern beziehen auch psychosoziale Aspekte sowie Aspekte des Verhaltens und der Verhältnisse mit ein.