A1 Gesundheit – ein Raum-Zeit-Kontinuum

Ansgar Thiel & Jochen Mayer

Gesundheit ist eine soziale Konstruktion, die in Abhängigkeit vom sozialen und historischen Kontext in unterschiedlicher Weise bestimmt wird (Bengel & Belz-Merk, 1997; Franke, 2010; Waller, 2006). Die erfolgreiche Ausbreitung des Medizinsystems mit der akademisch ausgebildeten Ärzte-Profession hat in den modernen Industriegesellschaften zu einer Dominanz eines pathogenetisch geprägten Begriffsverständnisses geführt, in welchem Gesundheit als die Abwesenheit von Krankheit beschrieben wird. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich neben dieser medizinischen Gesundheitsdefinition ein Gesundheitsverständnis etabliert, das eine eher salutogenetische Prägung besitzt. Gesundheit ist aus dieser Perspektive ein Phänomen, das nicht zwingend an Krankheit gekoppelt ist und das individuelle Befinden stärker in den Mittelpunkt rückt. Bei der Durchsetzung dieser Perspektive spielte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine wichtige Rolle.

Im Folgenden gehen wir näher auf unterschiedliche Verständnisse von Gesundheit ein. Über Expertendefinitionen hinaus werden dabei subjektive Gesundheitsvorstellungen thematisiert, um das Verständnis von Gesundheit im sogenannten Laiensystem zu erfassen.